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Mittwoch, 29. Januar 2014

495. Post. Ein neues Kerngerät? Grober biface...

Aus der Peripherie der Pingen vom Borgerhau, aber aus neolithischem Kontext,

stammt ein neues Artefakt, das auch aus einem älteren Kontext stammen könnte. Formal ist zu bemerken, dass es sich um ein Kerngerät handelt könnte, aber keineswegs sicher ist, ob die Grundform nicht doch ein Abschlag gewesen ist. Im zweiten Falle wäre die Ventralfläche durch einen Schlagunfall verloren gegangen. Die Merkmale eines Abschlages sind nicht (mehr) vorhanden. 

Eine Seite ist von weit in die Fläche greifenden, unilateral an gelegten Negativen geprägt. Ein "angenagtes Spitzoval"
intakte Laterale, rechts
An einer Lateralseite ist zu sehen, dass die Negative nicht alternierend, sondern unilateral zuerst nach einer Seite hin an gelegt wurden. 
Im weiteren Umformungsprozess folgten Retuschen gegen die andere Seite. An der rechten Lateralen schien die Formgebung der Retuschen von der Basis zur Spitz hin ab geschlossen. Von der Spitze ausgehen zurück zur Basis muss es zu einem Schlagunfall gekommen sein. Es öffnete sich eine Kluft und das Stück zerbrach.
Die Lateralkante links mit dem Bruch gegen die Spitze.

Die modifizierte Basis. 

Die Bruchstelle. Unterhalb der Kluft wird noch eine zweite sichtbar. Beide liefen gegen die Spitze hin zusammen.

Kluftfläche=Bruchstelle (beschriftet) , parallel darunter eine zweite. 

die unvollendete  Basis?- wirkt entweder unfertig, aber auch wie ein sehr grober Kratzer. 


Durch den ungeplanten Bruch war nicht mehr genügend Masse vorhanden, das Artefakt fertig zu stellen und scheint deshalb verworfen worden zu sein.

Montag, 27. Januar 2014

494. Post. Sondengänger in Baden-Württemberg.

Umdenken in Baden-Württemberg...

Metallsonden und Denkmalpflege in Baden Württemberg. Geht jetzt etwas zusammen, was hier bislang "nicht zusammen gehört?"
Eine neue Einstellung, ein neuer Wind weht durch die Amtsstuben der Baden- Württembergischen Denkmalpflege.

Am 13.11.2012 tagte die Archäologische Kommission Baden Württemberg in ihrer 31. Sitzung zum Thema "Illegale Ausgrabungen"
Illegale Ausgrabungen beschäftigt die Denkmalpflege in allen Bundesländern und ist keineswegs nur ein Thema in Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt. Auch die "zivilisierte Welt" ist zumindest von Finanzkrisen geschüttelt und der Denkmalschutz scheint oft an mangelnden Ressourcen zu scheitern.
Dazu wird durch Plünderungen archäologischer Fundstätten tagtäglich Fundmaterial auch in Baden Württemberg seinem historischen Zusammenhang entrissen und verliert damit seinen wissenschaftlichen Wert. Hier geht es zu einem Bericht dazu bei Archäologie online:



Noch bei einem Kolloquium des Verbandes der Landesarchäologen 2005 war nicht erkennbar, dass sich in absehbarer Zeit oder überhaupt jemals etwas an der strikten Amtsdoktrin in Baden Württemberg ändern könnte. - siehe:
Wer stiehlt unsere Vergangenheit?

http://www.landesarchaeologen.de/fileadmin/Dokumente/Dokumente_Kommissionen/Dokumente_Illegale-Archaeologie/Auszug_Koll05_Hassmann_mit_Ablaufplan.pdf

Aus einem Protokoll der Sitzung 2005 (Das ich im Netz mittlerweile nicht mehr auffinden kann) resümiert Andreas Maaßen, dass "fest zu stellen sei, dass in vielen Bundesländern bereits ein "zartes Pflänzchen der Zusammenarbeit zwischen Sondengängern und Denkmalpflege aufkeime - von nicht zukunftsfähigen Ansichten wie aus Baden Württemberg einmal ab gesehen..."
Das hat sich inzwischen geändert. Man beschreitet neue Wege. 

Das neue Programm, der Richtungswechsel, der bereits seit über einem Jahr sukzessive umgesetzt wird, wird nun auch durch eine Veröffentlichung der Denkmalpflege bekannt gemacht: Hier wurde der Anfang der Integration von Sondengängern in das Ehrenamt der Denkmalpflege gemacht. Benannt ist das Projekt so: "Qualifikation und Integration von Sondengängern in die Archäologische Denkmalpflege."

http://www.denkmalpflege-bw.de/denkmale/projekte/archaeologische-denkmalpflege/metallsondenprospektion.html


Die Veröffentlichung lässt keinerlei Zweifel daran erkennen, dass sich im Prinzip nicht wirklich viel ändern soll. Für jede Nachforschung mit der Sonde ist auch in Zukunft wie bei jeder archäologischen Forschung bisher  eine Genehmigung erforderlich. Auf die rechtlichen oder gar strafrechtlichen Folgen wird sehr deutlich hin gewiesen. Ehrenamtlich beauftragte "Sondengänger" sind mit einem schriftlichen Auftrag und einem Ausweis versehen und absolvieren entsprechende Schulungen, die gewährleisten sollen, dass in diesem Rahmen die wissenschaftlichen Standards ein gehalten werden.   Einer der Kernsätze: "...Dabei wurde der Wahrung des öffentlichen Interesses zum Schutz der Denkmalsubstanz höchster Stellenwert eingeräumt."

Der bekannte flyer Sondengänger wurde entsprechend modifiziert: ( link dazu gibt es auf der Projektseite) 
http://www.denkmalpflege-bw.de/uploads/tx_ttproducts/datasheet/Flyer_Raubgraeber-Sondengaenger_01.jpg

Edit: März 2014.  Siehe auch: Öffentliche Akzeptanz als zentrales Problem...
R. Schreg in seinem blog Archaeologik:

http://archaeologik.blogspot.de/2014/03/offentliche-akzeptanz-als-zentrales.html

Vieles in diesen Zusammenhängen erinnert mich an Goethes "Zauberlehrling"


Samstag, 11. Januar 2014

493. Post. Spätmittelalterliches Silber.

Konstanzer Schilling nach dem Riedlinger Vertrag von 1423

1404 schloss die Grafschaft Württemberg einen Münzvertrag mit Konstanz, Ulm u. a. ober schwäbischen Städten. Seit 1396 wurden Heller und erstmals auch Schillinge geschlagen. (Schon vom 12. - 14. Jahrhundert orientierte sich Ulm an der Konstanzer Währung. )
Im Riedlinger Vertrag von 1423 wurde die Württembergische Prägestätte Stuttgart neben Konstanz und Ulm als Bundesmünzstätte bestimmt. Der Riedlinger Vertrag sollte 50 Jahre Gültigkeit behalten. 
Zu Ulm, Biberach und Pfullendorf kamen noch Rottweil, Überlingen, Lindau, Wangen, Buchhorn, Schwäbisch Gmünd, Kaufbeuren, Radolfzell,  Isny, Giengen an der Brenz und Aulendorf. Neben den schon üblichen Hellern und Schillingen werden auch noch Pfennige im Wert von 2 Hellern geschlagen. Die Geldwirtschaft nahm erheblich zu und vor allem Schillinge wie der neueste Fund auf Sonderbucher Markung, werden ihn großer Zahl geprägt. Man kennt heute mehr als 40 verschiedene Schilling - Stempel. Konstanz löste sich erst 1485 von den alten Vertragsbedingungen und gab den Schilling mit geringem Silbergehalt nun als "Sechser" heraus. Ab 1499 setzte Konstanz in Anlehnung an die österreichische Kreuzerwährung eine umfangreiche Batzenwährung ein. Die Stadt wurde damit zum Vorreiter der Batzen prägenden süddeutschen Münzherren.
Rückseite: MONETA CIVITATIS CONST:Moneta civitatis Constantiensis=Münze der Stadt Konstanz Stadtschild ohne Schildhaupt, darüber Adler (Wappen des Reiches), in Vierpass, in dessen oberen Winkeln Ringel, in den unteren Flügel.
 Der Konstanzer Stadt-Schilling ist ohne Prägedatum nach dem Vertrag von 1423 ( geprägt von 1423 - 1498) unter dem Konstanzer Münzmeister Hans Häfelin geschnitten und die ersten Münzen sind noch im gleichen Jahr geprägt worden. Bis zum Jahre 1498 sind diese Münzen mit verschiedenen gleichartigen Stempeln weiter geprägt worden und in Umlauf gelangt.  oben das Revers: Mittig das Stadtwappen im Vierpass, darüber -etwas unkenntlich- ein nach links blickender Reichsadler.

Münzvorderseite: Der thronende Hl. Konrad im Bischofsornat, die Rechte segnend erhoben, die Linke hält den Krummstab. Umschrift: S:CONRAD-EPS'CONST. = für: Sanctus Conradus Episcopus Constantiensis= Heiliger Konrad- Bischof von Konstanz.  Silber, Durchmesser ca. 22mm. Das solide Silber sorgte für eine sehr gute Erhaltung.

Der Riedlinger Vertrag regelte das Geldwesen Schwabens auf breitester Grundlage. Neben Schillingen wurden Pfennige und Heller geschlagen. Der Wert des Geldes orientierte sich an der Kölner Mark Silber zu 138 2/3 Schillingen, bzw. zu 664 Pfennigen. Ein Schilling entsprach demnach 4 3/4 Pfennigen.
Der Fundort liegt auf einem Feld bei Sonderbuch. Ein alter Erdfall wurde hier in nicht mehr zu ermittelnder Zeit verfüllt. Die eingebrachte Erde ist fundführend. Wo sie her kommt scheint niemand mehr zu wissen. Trotz dieses Umstandes gibt auch dieser  Fundbeleg, wenn auch sekundär verlagert, Auskunft über das ehemalige Verbreitungsgebiet der Währung.
Ein schöner Beleg der Territorialgeschichte, aus einer Zeit, als die Welt noch nicht so groß war wie heute. Wir erinnern uns, dass Columbus erst im Jahre 1492 die neue Welt erreichte. Im selben Jahr schuf Behaim den ersten Globus. Die beweglichen Lettern zum Buchdruck durch Gutenberg datieren 1440 und die Verbreitung der Bibel durch Buchdruck erfolgte ab 1455, als diese Münze vielleicht schon verloren gegangen war...
Konrad von Konstanz, auch Konrad I. von Altdorf ( geboren um 900, gestorben am 26. November 975 ) war Bischof im Bistum Konstanz von 934 bis 975 und wird seit 1123 als Heiliger  verehrt. Sein Hochgrab befindet sich in der Konradikapelle im Konstanzer Münster. 

Mittwoch, 1. Januar 2014

492. Post. Kleine blog-Statistik 2013. ( als 555. Einzelpost)

Das Jahr schloss mit 49.192 Aufrufen.

Davon entfallen alleine für Deutschland 35.746 Aufrufe, gefolgt von den USA mit 2849 Aufrufen. Erwähnt sollen noch werden Österreich mit 2307 Aufrufen und die Schweiz mit 1579 Aufrufen. Erstaunlich finde ich 1200 Aufrufe der Russischen Föderation, denen wie zu beobachten war, vor allem das Interesse an den Oberflächen-Metallfunden gilt. Heraus gegriffen erscheinen mir 187 Aufrufe aus Indien persönlich sehr bemerkenswert und erfreulich, zumal das blog keinerlei englische Sprachteile aufweist. Die Aufrufe etwa aus dem englischen, französischen oder itaienischen Sprachraum erfolgen meist über Bilder der Google-Suche. Ein gewisses Interesse kommt aus Foren. (meist Foren, die den Schwerpunkt Suche mit der Metallsonde haben) Immer erfreut bin ich über links anderer Websites, z.B. "Steinzeitwissen", "Archäologie online", oder "Aggsbach's paläolithic blog", "Archaeologik" usw. über die Interessierte zum blog finden. Was einst als "virtuelle Fortsetzung einer Ausstellung" im Sonderbucher Rathaus (2004, gleichnamig: Umgepflügt) entstand, wurde ein weit über Sonderbuch hinaus - weltweit- gelesener Selbstläufer. UMGEPFLÜGT versteht sich auch als Multiplikator einer Haltung, die dem Denkmalschutz und dem Erhalt der Bodendenkmale oberste Priorität einräumt, ein kleiner Mosaikstein in dem Bemühen unser archäologisches Erbe vor dem Ausverkauf und der Zerstörung zu bewahren. Information in jeder Form kann dazu beitragen. Ehrenamtliche Mitarbeit soll und kann die Wissenschaft sinnvoll ergänzen, aber niemals ersetzen. Damit sie funktionieren kann, ist es Aufgabe der Politik die Schutzbehörden und die Archäologie mit ausreichenden Mitteln zu versehen. 

An Suchbegriffen überwog die Eingabe: Radiolarit mit 238 Eingaben, gefolgt von Lesefunde und Umgepflügt, die weiteren auffällig häufigen Eingaben verwenden eine Kombination aus Teilen des blog-namens und des Betreibernamens, die meisten Aufrufe erfolgen durch Bilder im Netz oder Einzelbegriffe wie "Stichbandkeramik" oder "Dechsel",  die im blog verwendet werden. Ein besonderes Interesse gilt der Suche nach einer "Pfeilspitzen-Chronologie".

Auffällig waren Suchbegriffe wie: "Lesefunde kaufen," "Lesefunde verkaufen," "Pfeilspitze Wert", oder "Metallfunde kaufen."  (...) 

Als meist gelesener Post fällt Post Nr. 119.: Radiolarit und Mittelpaläolithikum mit 427 Aufrufen auf. Post Nr. 290: Oberflächen-Metallfunde erfährt mit 406 Aufrufen ebenfalls einen großen Zuspruch, vielleicht ein Indiz für die wachsende Zahl der Metallsondengänger? 

Ich wünsche allen Lesern ein erfolgreiches, friedliches, gesundes und spannendes neues Jahr! Herzlichen Dank für Ihr Interesse! 
Dies gilt besonders auch meinen 10 "Followern." Ein Follower hat sich im letzten Jahr wieder- nachvollziehbar-  von meinem blog getrennt. 

In eigener Sache - Im Interesse der Denkmalpflege:
Durch ein Gespräch im Landesdenkmalamt in Esslingen zeichnet sich zukünftig auch eine Zusammenarbeit über die Zuständigkeit des Gebietsreferenten der Außenstelle Tübingen hinaus ab. Ohne diese Zusammenarbeit mit den zuständigen Denkmalbehörden ist Geländeprospektion und bloße Sammelwut sinnlos. Echtes Interesse an der Geschichte (das meist als Beweggrund gehört wird)  geht über persönliche Motive hinaus. Die Gesetzgebung erwartet in diesem Zusammenhang Fundmeldungen und die Sache an sich verlangt ein Vorgehen nach wissenschaftlichen Standards, damit der Aufwand mehr ist als ein vielleicht sogar "gut gemeintes Hobby." Ich ermuntere ausdrücklich alle Gelegenheitssucher, sich an die zuständigen Denkmalbehörden zu wenden und die Zusammenarbeit zu suchen. Erfreulicher weise nehmen das auch verantwortungsvolle Forenbetreiber zunehmend in ihre "Beratungen" auf.  Ohne Anbindung an die Denkmalpflege ist die Gefahr zur Zerstörung der Bodendenkmale bei zu tragen und wichtige Belege der Besiedelungsgeschichte zu verschleppen zu groß. Ich wage auch zu bezweifeln, dass alle Sammler und Feldbegeher sich rechtzeitig Gedanken über den Verbleib ihrer Sammlungen machen. Für den Bereich des Mesolithikums gilt (Mündl. Mitteilung Prof. Kind) , dass die Entdeckung der meisten Siedlungen auf das Interesse von Privatleuten, also Sammlern zurück zu führen sind. Gehen Sie sorgfältig und verantwortungsvoll mit Ihren Erkenntnissen und Funden um und helfen Sie mit unser gemeinsames Erbe zu schützen! Besonders erfreut war ich im letzten Jahr nach dem bekundeten Interesse an den mittelpaläolithischen Funden durch Prof. Conard (Universität Tübingen, der sich jetzt wohl doch mehr dem Lonetal zuwendet) nunmehr auch über das Interesse von Harald Floss. Das Standardwerk Steinarteakte, das er zusammen mit zahlreichen Co-Autoren 2012 im Kerns-Verlag heraus gegeben hat, gilt als Nachfolgewerk der Hahn'schen Artefaktmorphologie, das allen "Lithophilen" sehr zum Studium zu empfehlen ist. Erst diese spürbare Nähe zur Wissenschaft und die Akzeptanz der Denkmalpflege und der namhaften Forscher auf dem Gebiet der Archäologie erfüllt und bestätigt in hohem Maße die eigenen, bescheidenen Bemühungen. Sie wird nur noch übertroffen vom Moment der eigenen Erkenntnis.
Zum Ende des Jahres hat das Googeln nach dem Begriff "Lesefunde" den Platz 1 - (das blog "umgepflügt" mit seinem Hinweis auf achäologische LESEFUNDE) ein Eintrag in Wikipedia verdrängt. Der Eintrag ist noch sehr dürftig und unzureichend. Auf die Entwicklung darf man gespannt sein. : http://de.wikipedia.org/wiki/Lesefund
Umgepflügt- ist bei webwiki.de gelistet.

Zum Schluss ein Beitrag aus dem Nachbarland Bayern, der zeigt, wie man dort mit ehrenamtlicher Arbeit umgeht und wie versucht wird eine Handreichung für die Geländeprospektion zu liefern.: (Etwas Vergleichbares gibt es für Baden Württemberg meines Wissens nicht) Vielleicht ändert sich das ja noch mit der Zeit? Was ich bei dieser "Handreichung" sehr bemerkenswert finde ist die Tatsache, dass schon im Eingang auf die ausdrückliche Genehmigungspflicht bei Bodeneingriffen hingewiesen wird ("...egal ob 1 cm oder ein Meter...") Dazu scheint die liberale Handhabung in Bezug auf Detektorfunde und Sondengängerei nicht so recht passen zu wollen.

Zur Theorie und Praxis der Feldbegehung ( freies Download)
http://www.gesellschaft-fuer-archaeologie.de/LINKS/DOKUMENTE/Theorie%20und%20Praxis%20der%20Feld-%20und%20Gelaendebegehung.pdf
Fundmünzen aus 2013. von 1810 bis 1848. u.a. ein Silber-Sechser Friedrichs I.  und ein halber Kupferkreuzer, österreichische Scheidemünze.  Jedes Stück für  sich ein  Stück Territorialgeschichte. 

491.Post.Die letzten Funde in 2013

Bohrer, Lateralretusche an kleinem Abschlag und ein "spezielles Stück" aus dem Jungneolithikum. 

Anders als im letzten Winter sind ununterbrochen auf den frisch UMGEPFLÜGTen Feldern Lesefunde möglich. Neben allen bekannten, modifizierten Artefakten, treten immer wieder besondere Artefakte auf, die eine eingehendere Betrachtung verdienen.
oben: kleiner Bohrer, unten Abschlag mit Lateralretusche (rechts)
Mitte: Sichelklinge?


Grundform: Klinge, unilateral nach dorsal, partiell (proximal) nach ventral retuschiert.
Länge: 43mm, max Breite: 16mm.

Unten: das Proximalende mit wenigen Retuschen  auf der Ventralfläche, die an dieser Stelle an eine Schäftung denken lassen? Bulbus weg retuschiert. Wallnerlinien zeigen die Schlagrichtung an.
Oben links am Distalende wurden für die Formgebung zu einer Spitze wenige Retuschen ebenfalls nach ventral aus geführt.

Das Artefakt ist unilateral, formgebend retuschiert. Dabei fällt links lateral zum Distalende hin eine "möglicherweise absichtlich abgesetzte. schräge Endretusche" auf.  Die einzige Stelle, die eine Politur erkennen lässt. Diese Tatsache kann nicht dazu führen, diese Stelle als einzige Arbeits- oder Funktionskante zu verstehen, dazu ist das ganze Artefakt zu sorgfältig, symmetrisch exakt  gearbeitet. 
 Spontan denkt man da an die Sicheleinsätze des Mitteleuropäischen Jung- und Endneolithikums. Als sicheren Beleg für Sicheleinsätze wird häufig das Vorhandensein von "Sichelglanz" benannt, welcher sich aber erst nach längerem Zeitraum der Benutzung einstellt. Er entsteht durch intensiven Kontakt der Oberfläche aus Silex ( hier Hornstein des Weißjura) mit SiO2 -haltigem Material, was sich in Pflanzen wie Getreide, Gräsern, Schilf oder Seggen findet. Sie verursachen es bei der Ernte oder der Weiterverarbeitung für verschiedene Zwecke. Inzwischen wird diese Tatsache nicht mehr als alleiniger Indikator für die Nutzung eines Steinartefaktes zur Ernte an gesehen. Das vorgestellte Artefakt, das letzte am Silvestertag des Jahres 2013 gefunden, weist lediglich an der vielleicht intentionell ab gesetzten "schrägen Endretusche" eine Glanzstelle auf, sonst tragen keine der Kanten den beschriebenen Sichelglanz  und auch keine Polituren, wie sie durch anderweitigen Gebrauch oder Schäftung entstehen können. 
Phillip Drechsler (Steinartefakte, Kerns-Verlag 2012) regt an, dass sich die Vielfalt der morphologischen Merkmale mit einer differenzierten Nutzung in Verbindung bringen lassen könnte. Die Nutzung von Sicheln und Erntemessern ist sicherlich nicht nur auf die Getreideernte beschränkt, sondern die Ernte der unterschiedlichsten Pflanzen oder auch deren Verarbeitung scheint denkbar. 
Es gibt Überlegungen, "Sicheleinsätze" verstärkt nach formalen Attributen zu klassifizieren und weniger nach Gebrauchsspuren. Ansatzpunkte könnten deren Kantenmodifikation der Schneidekante - davon hat unser vorgestelltes Stück mindestens zwei (Unilateral, umlaufend) - die Form der Längenmodifikation , oder die Metrik sein.
Siehe auch:
Ein verblüffend ähnliches Stück:
http://lesefunde.blogspot.de/2013/10/482-post-unilateral-kantenretuschierte.html
vergleiche auch:
http://lesefunde.blogspot.de/2013/05/neolithischer-dolch-ii-fragment.html


Die beiden Artefakte im direkten Vergleich ( oben neu, Asch, unten, schon vorgestellt aus Sonderbuch) 
Das Spitzoval erscheint in nunmehr zwei Exemplaren wohl kein Zufall mehr zu sein, sondern als jung neolithischer "Typus" auf der Blaubeurer Alb nach gewiesen. Bei beiden Exemplaren ist der jungenolithische Kontext den beide Fundstellen aufweisen am wahrscheinlichsten.  Beide Fundstellen weisen um die Datierungsfrage spannend zu gestalten, (wie kann es auch anders sein, )  auch Komponenten anderer Zeithorizonte auf. 
Als eines der ersten Artefakte in 2014 fand sich ein drittes Exemplar (Mitte), diesmal mit partiellem Lackglanz, etwa zur Hälfte, diagonal zur Grundfläche am Distalende.  (Siehe auch Post Nr. 251.-Fragment.)

Die  Serie: links Asch Brennerhäule, halblinks Sonderbuch Schlaghau, Mitte: Sonderbuch Schlaghau, halbrechts Asch Brennerhäule, rechts Fragment Sonderbuch Breite, letzteres eventuell aufgrund der Größe Dolch.

unten: kleiner Bohrer aus dem gleichen Kontext, Länge: 21mm. Für derlei kleinformatige Funde sind gut abgeregnete Felder Voraussetzung.