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Mittwoch, 18. November 2015

565. Post. Weiter geht die Suche nach "patinierten" Artefakten...

da die Oberflächen der älteren Artefakte auch oft deutliche "Patina" aufweisen...

Und so ist der aus Sicht des Sammlers viel zu trockene Sommer (Wie aus verlässlicher Quelle zu erfahren war, herrscht in der Hölle der Sammler ständig gutes Wetter mit ungünstigem Lichteinfall und Schlagschatten) zwar fundarm geblieben, doch dafür ist mit der dadurch gewonnenen Zeit der ein oder andere Fund im Magazin zu machen.  Die Reinigung von Funden bringt oft erst zu Tage, was man im schmutzigen Zustand oft nur erahnen oder völlig übersehen kann, beispielsweise Lackglanz oder Polituren auf Artefakten, für deren Sichtbarkeit ein gereinigtes Artefakt auch wieder vollständig getrocknet sein muss.
Heute "NEU",
Auf den ersten Blick ein Präparationsabschlag der Grundproduktion...
Dorsalseite. Der Schlagflächenrest bedindet sich rechts auf
der Mitte der marginalen Grobretusche

Ventralseite mit einem großen Bulbus und einem Hertzschen Kegel im Bereich des
Schlagflächenrestes links.
Die Retuschen auf dem breiten Distalende nach ventral, obgleich im 90 Grad Winkel und regelmäßig,
  wirken frischer als die Ventralfläche und sind wohl rezent. 


Auf den zweiten Blick auf das gereinigte Artefakt zeigt sich, dass das Stück aus dem Bereich grobe Unifaces auf dem sehr breiten Proximalende nachträgliche Retuschen aufweist, also modifiziert wurde. 
Die Reinigungsarbeiten im Magazin werden weiter vorangetrieben und auch das kann spannend sein,

Oftmals kommen Werkzeuge aus neolithischen Zusammenhängen, vor allem aus jungneolithischem Kontext, die man als                                “Anachronistic Tools” 

bezeichnen könnte. Es gibt im Jungneolithikum zahlreiche Artefaktformen, wie etwa Spitzen oder faustkeilartige Geräte, die mittelpaläolithisch wirken, aber wie frisch geschlagen erscheinen.  Patina, bzw. die verwitterte Oberfläche des Hornsteins ist  e i n  Indikator für die Datierung von Oberflächenfunden. Letzte Sicherheiten hat man bei unstratifizierten Funden meist nie, allenfalls hohe Wahrscheinlichkeiten.  Sicherer belegen  und wissenschaftlich weiter untermauern ließe sich ein spezieller Fundort, wie etwa ein "hotspot" mit auffällig deutlicher Frequenz von paläolithischen Merkmalen durch entsprechende Grabungen. Da die paläolithischen Zufallsfunde um Sonderbuch, Asch, Wippingen, Bermaringen streuen und verlagert sind, wäre es allerdings nicht unproblematisch, geeignete Flächen dafür fest zu legen. Dass dafür möglichst exakte Einzeleinmessungen die Voraussetzung wären, liegt auf der Hand.

Erste Einschätzungen, welcher Art die Fundstellen sind,  können auch die Artefakte selbst schon aussagen. Handelt es sich nur um Aktivitätszonen im Bereich natürlicher Lagerstätten, also Schlagplätze mit kurzzeitigem Aufenthalt? Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass nur bis überwiegend die "Abfälle" der Grundproduktion vor Ort verblieben sind, also modifizierte oder gar Gebrauchsspuren vorweisende Artefakte eher ausfallen, eingetragene, fremde Rohmaterialien dagegen werden eher auf längerfristigen Lagerplätzen zu erwarten sein. So weisen die Fundstellen alle auch erkennbare, kleinere, sich oft wie ein Schleier über die Äcker legende Hinweise auf Lagerstätten auf, teilweise mit deutlich erkennbaren menschlichen Eingriffen in Form von eindeutigenen Kernen, Kerntrümmern, Präparationsabschlägen und auf Brauchbarkeit angetestetem Material. Ein besonderes Augenmerk gilt deshalb diesen primären Residuallagerstätten, bei denen sich wohl nicht in jedem Fall ein größerer bergmännischer Abbau gelohnt haben dürfte, wie es im Borgerhau der Fall war.  Hier sind im Gegensatz zum Borgerhau, einer Sekundärlagerstätte,  dünne, Hornstein führende Schichten aus den Felsen im Untergrund ausgewittert, fast nicht verlagert, und Oberflächen nah zu finden oder - spätestens seit der Erfindung des Pfluges - an die Oberfläche gelangt. Auch der Frost lässt Steine an die Oberfläche wandern. Da die Pflugschicht besonders in diesen Bereichen sehr wenig Mächtigkeit aufweist, und der Pflug an diesen Stellen naturgemäß nicht weit eindringen kann ohne auf den anstehenden Fels zu stoßen, dürften besonders hier kaum intakte, alte Oberflächen an zu treffen sein. Oft wurden aus dem Grund eingeschränkter Bearbeitungsmöglichkeit mit Landmaschinen oder einfach Mangels Humus auf solchen Bereichen Wiesen oder Wald angelegt. Dies ist vor allem um Seißen der Fall, ein Gebiet von dem kaum urgeschichtliche Funde bekannt sind, obgleich es oberhalb der berühmten Brillenhöhle liegt und ein potentielles Jagdgebiet dargestellt haben dürfte. Es wurde für Erkenntnisse aus Prospektionen einfach zu wenig UMGEPFLÜGT. Ein weiterer Punkt ist, dass die meisten älteren Artefakte aus dem Kontext neolithischer Siedlungen stammen, wo also die intrusiven Prozesse der neolithischen Siedlungstätigkeit (Hausbau, Gruben) die älteren Laufhorizonte, so sie noch vorhanden waren, störten und zerstörten und letztlich wohl alle älteren Artefakte zwischen den neolithischen Hinterlassenschaften streuen. Dazu dürfen auch alle geologischen Prozesse nicht vergessen werden, die nicht nur die obersten Horizonte, also die Deckschicht massiv in Bewegung halten und ursprüngliche Befunde verändern. (Stichwort Kolluvium). 

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