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Dienstag, 29. August 2017

644. Post. Bifaziell abgebaut.

Kurioser Kern aus einem Abschlag

Wie die Grenzen fließen können

Eines der ersten Artefakte nach der Sommerpause zeigte sich auf einer neolithisch dominierten Fundstelle im Bereich zahlreicher Erdfälle, von denen nur eine noch als Naturdenkmal erhalten blieb, die anderen vor vielen Jahren zugeschüttet wurden.

Maßgebliches Interesse der Universität fand die Fundstelle durch eine bemerkenswerte Zahl  an paläolithischen Funden, die das Bild der Blaubeurer Alb in mittelpaläolithischer und jungpaläolithischer Zeit (Aurignacien) verändern werden.

Aus den nur noch wenigen eingemessenen und von mir aufgenommenen Funden stammt aktuell ein Kern, der wie ein bifaziell modifiziertes Werkzeug erscheint und durch seine marginalen Reduktionen ( etwa nach Art der diskoiden Kerne) und Gebrauchsspuren eine umlaufende, unilaterale Schneide bildet.
Ventralseite der Grundform
Der Bulbus der Grundform ist abgelöst-

Dorsalseite mit Kortex

 Wem beim Auffinden dabei nicht der Atem stockt, den lassen Urgeschichte und Artefaktmorphologie an sich kalt. Ein Kern mit einem Habitus, der dem eines kleinen Faustkeils doch sehr ähnelt, zumal ein Verwendungszweck der gewonnenen Abschläge wenig sinnvoll erscheinen will. Aus dem neolithischen Typenkanon drängt sich am ehesten der Typus eines kleinen Schlagsteines auf, zu dessen Gebrauch und heutiger Definition als Werkzeug der Abbau auch als Modifikation verstanden werden kann. Leider ist die Funktion als Schlagstein für mich nicht sicher.

Dienstag, 8. August 2017

643. Post. Weltkulturerbe Blaubeurer/Schelklinger Höhlen

http://www.zeit.de/kultur/kunst/2017-07/unesco-weltkulturerbe-hoehlen-aelteste-eiszeitkunst-baden-wuerttemberg

...aus dem immer größer werdenden Schatten des stark fokussierten  "Weltkulturerbes" ist von den umgepflügten Äckern wohl nichts mehr hinzuzufügen...

Wer nichts Bleibendes schafft, wird mit dem Glockenschlag vergessen...Hier scheint der erste, sogenannte moderne Mensch Bleibendes, ja Zeitloses, nahezu "Ewiges" geschaffen zu haben. So geht das erste Kunstschaffen der menschlichen Zivilisation wohl auch erst mit dieser unter, wenn wir es jetzt schaffen, dieses bis an unser eigenes Ende zu erhalten. Es ist dem Zufall günstiger Erhaltungsbedingungen zu verdanken, dass die Eiszeitkunst bis auf uns überkommen konnte. Vieles, um das wir uns ewiger Erhaltung bemühen, hat trotz größter Bemühungen Bleibendes zu schaffen keinen solchen Bestand. Wer kennt die Namen, die Gesichter? Wie sagte einst Winkelmann? Von Gelehrten und Künstlern verewigt die allgemeine Geschichte nur Erfinder, nicht Kopisten; nur Originale, keine Sammler. Der sammelnde Laie wird im Lichte dieses ersten Kulturschaffens wohl mit dem Glockenschlag vergessen und doch treibt es mich an, den Relikten dieser ersten Menschen nachzuspüren, ohne selbst nennenswerte und erkennbare Spuren zu hinterlassen.

Wozu unsereiner beitragen kann:

http://puvodni.mzm.cz/Anthropologie/citation.php?ID=2197
http://puvodni.mzm.cz/Anthropologie/citation.php?ID=2197

Open air occupations in a cave dominated archaeological landscape - new perspectives o the palaeolithic of the swabian Jura (southern Germany) by floss, fröhle, wettengl schürch. u-a Siedlung sonderbuch-wippingen, Sammlung r.bollow.

Dies liegt aber sicherlich daran, dass das Paläolithikum der letzten Neandertaler und vor allem der ersten modernen Menschen außerhalb der "Welterbehöhlen" ein gewisses Interesse zukommt, weil sich die "Schöpfer der Venus" vor allem auch draußen bei der Jagd in freiem Feld aufgehalten haben müssen, wo im Verlaufe der Jahrtausende keine vergleichbar guten Erhaltungsbedingungen für ihr Kulturschaffen herrschten.

Ohne die Entdeckungen und Funde der Sammler kommt das nicht zustande...und da muss man schon auch mal ein Bisschen sich selber loben...sonst tut es ja keiner :o)
 Dabei kommen die sogenannten Ehrenamtlich Beauftragten in Baden Württemberg noch vergleichsweise gut weg, wie in dem Jahresband Archäologische Ausgrabungen in BW 2017 wieder zu lesen ist, wenn auch nicht alle namentlich erwähnt werden.  Die ebenso ehrenamtlich eingesetzten Sondengänger finden in der Regel keine Erwähnung, auch wenn sie zur Ausgrabung mit ihrer Prospektion durch sonst  nicht erfasste Streufunde erheblich beigetragen haben. Was in den Fundberichten wie erwähnt und gewürdigt wird scheint sehr persönlich geprägt.   Der Fokus liegt aber immer auf den wissenschaftlichen Arbeiten, auch dann, wenn diese durch die Entdeckungen und Absammlungen von Oberflächenfunden durch Laien, private Sammler und Ehrenamtliche erst überhaupt initiiert und möglich waren. Mehr als früher ist heute bei allem ehrenamtlichem Engagement erkennbar, dass sich die Leute daran orientieren, wie die Reinvestition aussieht, bevor sie einen Finger krumm machen. Anerkennung und Würdigung von ehrenamtlichem Engagement scheint mir da kein unwichtiger Faktor zu sein und die namentliche Erwähnung somit auch ein Grundpfeiler künftiger und nachhaltiger, anhaltender Motivation, wenn man in Zukunft nicht darauf verzichten will.
Seit einiger Zeit berichte ich resümierend über das vergangene "archäologische Jahr" und damit darüber, was es an neuen Erkenntnissen aus den Prospektionen gibt, dazu, was hauptsächlich durch das namensgebende Pflügen der bewegten Scholle abzuringen war. Es zeichnet sich ab, dass paläolithische Freilandstationen auf der Blaubeurer Alb einen gewissen Stellenwert im Schatten der Eiszeitkunst einnehmen könnten und bergen noch Entwicklungspotential. Da hier in Mineralböden keinerlei organische Erhaltung möglich sein dürfte, wird das öffentliche Interesse immer hinter der spektakulären Eiszeitkunst von Mammut, Venus & Co zurück bleiben, auch wenn sich die ersten, modernen Menschen, die unsere nun weltbekannten Kunstwerke und den anmutigen Elfenbeinschmuck schufen, hauptsächlich außerhalb der Höhlen aufgehalten haben dürften und ihre Spuren verweht, und nur schwer zu finden sind. Das Fundspektrum dominierende Neolithikum tritt dagegen völlig zu Unrecht auch noch in den Hintergrund des Schattens des Freilandpaläolithikums und erfährt nicht einmal die Weihen einer musealen Erfassung. Diese Funde bleiben wohl erstmal weiterhin "meine Kellerkinder."